Gedenkstätte am Nordbahnhof
Die Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ am Stuttgarter Nordbahnhof erinnert daran, dass von diesem Ort während der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1941 und 1944 mehr als 2600 Jüdinnen und Juden aus Stuttgart und Württemberg und Hohenzollern deportiert wurden.[1] Alle diese Menschen wurden bis auf wenige Ausnahmen im Holocaust ermordet.
»Killesberg! Diese Nacht des Wahnsinns und des Grauens bleibt mir unvergessen.« So beschreibt eine Frau aus Ulm den Aufenthalt im Durchgangslager auf dem Stuttgarter Killesberg. Dorthin werden am 27. November 1941 ungefähr eintausend Menschen jüdischer Abstammung aus ganz Württemberg und Hohenzollern gebracht. In der so genannten »Ehrenhalle des Reichsnährstandes«, die für die Reichsgartenschau 1939 errichtet worden ist, werden sie untergebracht. Sie werden die ersten Opfer von insgesamt mehr als 2500 jüdischen Mitbürgern, die über das Durchgangslager auf dem Killesberg in die Sammel- und Konzentrationslager Riga, Iżbica, Auschwitz, Buchenwald, ins Ghetto Theresienstadt und in ein Lager bei Wolfenbüttel deportiert werden. Die meisten von ihnen kehren nie zurück.
Grundlage der ersten Deportation aus Stuttgart am 1. Dezember 1941 nach Riga ist der Erlass der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) Stuttgart an die Landräte und Polizeiinspektoren vom 18. November 1941. »Im Rahmen der gesamteuropäischen Entjudung«, die mit ähnlichen Erfassungen in Mähren, Böhmen, der Ostmark und anderen Gebieten des Altreichs bereits eingesetzt hatte, werden rund tausend jüdische Mitbürger aus Württemberg für einen Deportationszug ausgewählt und auf dem Killesberg »konzentriert«.
Vorbereitung, Auswahl und Zusammenstellung des Transports werden der »Jüdischen Kultusvereinigung Württemberg« aufgeladen. Die Kultusvereinigung hat die Teilnehmer des Transports zu benachrichtigen und einzuberufen. Der Erlass bestimmt detailliert, wie viel und welches Gepäck mitgenommen werden darf: Es ist nicht viel mehr als das Nötigste an Decken und Kleidern sowie ein »Mundvorrat« und fünfzig Reichsmark. Die Mitnahme von Schmuck und Wertgegenständen ist verboten, lediglich Eheringe sind ausgenommen. Die Betroffenen müssen die Kosten für den Transport selbst tragen und zu diesem Zweck insgesamt 57,65 Reichsmark pro Person bezahlen. Am 26. November wird mit der Sammlung der Angeschriebenen auf dem Killesberg begonnen, wo sie unter völlig unzulänglichen Bedingungen einige Tage verbringen müssen. »Von überallher kamen württembergische Juden in dieses Sammellager, und es herrschte ein unbeschreibliches Elend« (Victor Marx).
Die Stuttgarter Stadtverwaltung lässt einen Film über das Sammellager drehen, in dem die drangvolle Enge in der Halle auf dem Killesberg unübersehbar ist. Doch um den Eindruck einer wohlgeordneten Auswanderung zu erwecken, werden Verpflegungspakete ins Bild gerückt und Gepäckstücke gezeigt, die ihre Besitzer jedoch nie wieder sehen sollten. Diese erste Deportation ist noch als »Umsiedlung« getarnt, daher sind Bau- und Küchengeräte sowie Sanitätszeug zur Mitnahme vorgesehen. Auch sind in deutsch-jüdischen Mischehen lebende, über Fünfundsechzigjährige und Juden mit ausländischer Staatsangehörigkeit vom Transport ausgenommen.

